Kalksteinbruch in nieder Ellguth / Ligota Dolna

 

Dieser Steinbruch entstand noch vor dem Zweiten Weltkrieg, eine intensive Exploitation fand in den 1970er und 1980er Jahren, dessen Schließung erfolgte im Jahr 1994. Aus Nieder Ellguth/Ligota Dolna kommend, sehen wir einen Kalkofen mit einer Schachtkonstruktion, der aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg stammt. Für gewöhnlich wurden solche Kalköfen nicht verziert. Daher ist es recht ungewöhnlich, dass an der Wand ein schönes Ikarusrelief platziert wurde. Dieser Held der altgriechischen Mythologie gilt in den Mythen als der erste Mensch, der sich in die Lüft schwang. Bei seinem ersten Flug erlitt er jedoch einen tragischen Tod. Dieses Relief wurde hier zu Ehren von einem Flieger des nahegelegenen Flugplatzes in Nieder Ellguth/Ligota Dolna angebracht, weil dieser 1932 gegen den Kalkofen prallte und ebenfalls ums Leben kam.

Im Steinbruch (die Höhe der Wand des unteren Hauptabbaus beträgt 10 m und der oberen Schicht 8 m) werden Kalksteine, die sogenannten Gogoliner Schichten (untere Höhe) und der unterste Teil der Gorazdzeschichten (obere Höhe) sichtbar.

Eine sichtbare Schicht bilden dünnschichtige Kalksteine (2-4 cm) mit einer leicht wellig gestörten Oberfläche der unteren und oberen Schichten. Dies sind wellige Kalksteine und sind für die Gogoliner Schichten typisch (kommen auch im Kuhtal/Dolina Krowioka vor). Wenn man nach Fossilien sucht, kommt man zu der Einsicht, dass diese nicht besonders zahlreich sind. Meistens handelt es sich um Muscheln Plagiostoma striatum. Gesteinsschutt ist sehr feinkörnig, hier fehlt es an Muscheln oder anderen mit bloßem Auge sichtbaren Strukturen. Wie bereits bei der Beschreibung des Kuhtals/Dolina Krowioka erwähnt, entstehen solche Formationen in Lagunen, in ruhigen, aber sauerstoffarmen  Gewässern. In höheren Wandschichten, im Bereich der Schichten der welligen Kalksteine, kommen recht oft dickere (bis zu 12 Zentimeter) Kalkschichten, mit mehr glatter Oberfläche, vor. Nach Spaltung einer Gesteinsprobe sehen wir, dass sie dickförmiger ist, kristallischer. Oft (in wenig kristallreichen Partien) erblicken wir zahlreiche Schnecken und Muscheltiere. Es sind Sedimente, die zur Lagune mit den Stürmen gelangten, die über die Sandbank durchgedrungen sind und Muscheln in die Lagune brachten. Solche episodischen Stürme erzeugten eben diese Kalksteine, die aus Muscheln der Tiere zusammengesetzt waren. Betrachten wir noch die Südseite des Steinbruchs. Es röten dort Konturen von sehr großen und zahlreichen Erdtrichtern, deren Herkunft mit der Lösung von Kalksteinen zusammenhängt. Gemische kreiselten entlang der Risse und Spalten. Dieser Prozess ist nur im warmen Klima möglich, und ein solches herrschte zur Mitte des Tertiärs, als diese Trichter entstanden sind.

Die obere Schicht ist aus völlig anderen Kalksteinen zusammengesetzt: sie sind dickschichtig, heller und sie bestehen, was auf den Proben zu sehen ist, aus zerbröckelten Muscheln und Onkoiden. Es gibt auch sehr feinkörnige Kalksteine (analogisch im Querschnitt zu jenen aus der unteren Schicht), doch sie unterscheiden sich von den wellenförmigen beträchtlich durch die dickeren Schichten und das Fehlen von Fossilien. Diese Gesteinsgruppe ist ein klassisches Profil des niedrigsten Teiles der Gorazdzeschichten und ist vergleichbar zu der niedrigsten Partei der Hauptwand im Amphitheater. Das Dach der Gogolinerschichten charakterisiert den langen (über 10 Meter), welligen, durchgebogenen Rücken von einigen Zentimetern Höhe und einer Breite von einigen dutzend Zentimetern. Es ist ein schönes und seltenes Beispiel von Rippeln. Diese konnte jeder von uns (wenn auch in geringerem Ausmaß) auf dem Meeresstrand oder Flussgrund beobachten. Es sind nämlich Falten, die infolge von Wellenbewegungen oder Wasserstrom entstehen –  die Kraft der Wellen oder des Stroms schiebt die Sedimentkörner nach und formt Rücken darin, die sich danach schrittweise mit der Stromrichtung verschieben. Analogisch kommt es zur Entstehung von Dünen, doch da ist der Wind die treibende Kraft. Im Fall der beobachteten Strukturen in Ellguth weisen Merkmale, wie eine beträchtliche Länge, Symmetrie der beiden Hänge, eine relativ kleine Krummheit und manchmal sichtbare „Y”-förmige Spaltung darauf hin, dass sie dank Wellenbewegung und nicht Strömen entstanden sind. Das zeugt davon, dass der Grund dieses Beckens seicht lag (wellige Rippeln entstehen eher nicht tiefer als 20 m, meistens entstehen sie in einigen Metern Tiefe).

Wenn man den Steinbruch verlässt, loht es sich nach Fossilien auf kleinen Halden in der Nähe des Kalkofens zu suchen – manchmal kann man dort wirklich schöne Exemplare finden.

Quellenverzeichnis: „Zanim Góra Św. Anny wynurzyła się z morza. Skamieniałości, jaskinie i drogie kamienie wokół sanktuarium św. Anny“

Autor: Robert Niedźwiedzki, Marek Zarankiewicz

Ausgewählte Bibliographie (nur polnischsprachig)

*In dieser Bearbeitung wurden dank Einverständnis der Oppelner Redaktion der Gazeta Wyborcza, Fragmente des Textes von Robert Niedźwiedzki, erschienen in der Gazeta Wyborcza am 3.11. und 30.12.2006 veröffentlicht. Es wurden auch archäologische Hinweise von Dr. Andrzej Wiśniewski von der Breslauer Universität berücksichtigt.

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